Was sind Kegel-Übungen und wie wirken sie auf Deinen Beckenboden?

30. Jan 2024 | 4 Kommentare

Kennst Du Kegel-Übungen? Vielleicht nicht unter diesem Namen, aber stattdessen als „Blümchen pflücken“, „Blaubeeren einsaugen“, „Reißverschluss zuschnüren“ oder anderen Varianten, die ein Ansteuern des Beckenbodens beschreiben sollen?

„Anspannen und Loslassen“ oder auch „Anspannen und Halten“ sind immer noch die am meisten verbreiteten Beckenbodenübungen. Was genau sind diese Kegel-Übungen, wie wirken sie auf Deinen Beckenboden und was solltest Du dabei beachten? Das erfährst Du in diesem Artikel.

Was sind Kegel-Übungen?

Die Kegel-Übungen für den Beckenboden wurden nach dem Gynäkologen Arnold Henry Kegel benannt. Er erfand das sogenannte Perineometer, ein Instrument, welches messen kann, wie stark die bewusste Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur ist. Diese Übungen, also das gezielte Anspannen der Beckenbodenmuskulatur, wurden von ihm als eine nicht-chirurgische Behandlung gegen Harninkontinenz erdacht.

Es gibt zwei Ansätze bei den Übungen, die die beiden unterschiedlichen Arten von Muskelfasern ansprechen sollen, die langen und die kurzen. Die langen Muskelfasern sind für die längere Ausdauer zuständig, können allerdings nicht so kräftig anspannen. Die kurzen hingegen kommen zum Einsatz, wenn es eine kurze, starke Belastung, wie beispielsweise beim Niesen gibt.

Zwei Arten von Kegel-Übungen

So erklärt sich auch, dass Kegel auf unterschiedliche Weise beschrieben werden. Wenn sie die langen Muskelfasern ansprechen sollen, wird ein Anspannen und Halten über länger werdende Zeiträume anvisiert. Sollen die kurzen Muskelfasern trainiert werden, liegt der Fokus auf einer schnellen, kräftigen Kontraktion, die mehrfach wiederholt wird.

Nach beiden Übungen soll jeweils auch entsprechend bewusst und aktiv entspannt werden. Dieser Teil der Übungen wird häufig vernachlässigt. Zum einen, weil sie einfach vergessen wird, zum anderen, weil den meisten die bewusste Umsetzung schwerfällt oder das Wissen fehlt, wie dies zu erreichen ist.

Wie wirken Kegel-Übungen auf Deinen Beckenboden?

Wie oben schon erwähnt, wird bei diesen Übungen die Beckenbodenmuskulatur kontrahiert. Dabei handelt es sich vor allem um konzentrische Kontraktionen, das sind Kontraktionen, bei denen die Muskulatur in der Länge kürzer wird, sich zusammenzieht, um gegen die Belastung anzugehen. Außerdem beinhalten Beschreibungen von Kegeln zumeist, dass sie im Liegen, Sitzen oder Stehen stattfinden, sprich in statischer Position und nicht in Bewegung.

Mit dem Beckenboden koordinieren wir u.a. unsere Ausscheidungen.

Kegel-Übungen wirken also in der Form, dass sich die Muskulatur des Beckenbodens zusammenzieht, die Muskelfasern sich verkürzen. Das ist der gleiche Mechanismus, der uns erlaubt, aktiv Urin anzuhalten und Stuhlgang oder Windabgang zurückzuhalten. Erst wenn der Beckenboden locker lässt, können diese aus dem Körper austreten.

Diese Funktionalität führt dazu, dass Kegel häufig mit Beckenbodentraining gleichgesetzt werden. Allerdings greift dieser Ansatz zu kurz.

Das Problem mit den Kegel-Übungen

Es gibt zwei wesentliche Probleme bei Kegel-Übungen. Zum einen werden sie häufig nicht richtig durchgeführt, zum anderen sind sie in der Mehrheit der Fälle nur unzureichende oder gar nicht erst die richtigen Übungen für das jeweils vorherrschende Beckenbodenproblem.

Falsche Durchführung

Die Frage der korrekten Durchführung lässt sich durch fachgerechte Anleitung über verschiedene Bilder und Vorstellungen und mit manueller Überprüfung ggf. durch eine Beckenboden­physiotherapeutin adressieren. Typische Schwierigkeiten dabei sind die ungewollte Ansteuerung der Po-, Bauch- oder Rückenmuskulatur, anstelle der des Beckenbodens. Diesen spüren und gezielt ansteuern zu können, erfordert etwas Übung und Geduld, ist aber in der Regel ein erreichbares Ziel.

Wichtig dabei ist, dass Du z. B. nicht beim Pipi machen trainierst. Denn das wiederholte Anhalten des Urinstrahls kann das sensible Zusammenspiel zwischen Blase und Gehirn durcheinanderbringen. Das begünstigt die Entstehung von Blasenbeschwerden. Ebenso solltest Du darauf achten, beim Ansteuern nicht die Luft anzuhalten.

Falsche Übung

Die meisten Menschen denken als Erstes an Kegel-Übungen, wenn von Beckenbodentraining die Rede ist. In der Regel ist das auch die einzige Art von Beckenbodentraining, die ihnen bekannt ist. Das ist nicht ideal, denn je nachdem, welche Art von Beckenbodendysfunktion vorliegt, kann die Wirkweise dieser Übungen sogar dazu führen, dass sich die Symptome verschlechtern.

Wann der Einsatz von Kegeln Sinn ergibt, wann er kontraproduktiv ist und was Du stattdessen tun kannst, um Deinen Beckenboden nachhaltig und ganzheitlich zu trainieren, erfährst Du im Folgeartikel.

4 Kommentare

  1. Liebe Aimée
    Vielen Dank für die wertvollen Informationen in deinem Artikel. Das Bild zeigt sehr eindrücklich, die verschiedenen Muskelschichten. Spannend fand ich zudem, die Unterscheidung der langen und kurzen Muskelfasern.

    Ich bin schon ganz gespannt, auf die Fortsetzung.
    Liebe Grüsse
    Esther

    Antworten
    • Herzlichen Dank, liebe Esther,

      die Fortsetzung ist schon in Arbeit, wird aber noch ein paar Tage dauern.
      Ich denke aber, es lohnt sich, darauf zu warten. 😉

      Liebe Grüße
      Aimée

      Antworten
  2. Hallo Aimée,

    übersichtlich, anschaulich, leicht verständlich.
    So fällt die Anregung zur Anstrengung des Trainings hoffentlich jeder leichter!
    Ein prima Artikel, bin gespannt auf den 2. Teil.

    Gruß Gabi

    Antworten
    • Liebe Gabi,

      das freut mich sehr, vielen Dank!
      Der nächste Schritt ist zu verstehen (und vorher für mich zu erklären), dass gutes Beckenbodentraining gar nicht so anstrengend sein muss.
      Wir können so viel im Alltag tun. Auch darauf werde ich sicher nochmal in einem anderen Artikel eingehen.

      Liebe Grüße
      Aimée

      Antworten

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