Die Halbrolle – Mein Lieblings-Hilfsmittel beim Beckenbodentraining (und im Alltag)

30. Mai 2023 | 4 Kommentare

Vor 3 Jahren war sie mir noch vollkommen unbekannt, heute habe ich an mehreren Stellen ein Exemplar rumfliegen: Die Halbrolle ist mein heimliches Wundergerät und absolutes Lieblings-Hilfsmittel, wenn es darum geht, Beckenbodenübungen oder beckenbodenfreundliche Bewegungen und Haltungen in den Alltag mit einzubinden.

Größtenteils sind die Anwendungsmöglichkeiten völlig unabhängig davon, ob Du Probleme mit Deinem Beckenboden hast oder nicht, sehr sinnvoll. Die entsprechende Nutzung trägt auch zur Prävention bei, nicht nur für Core und Beckenboden, sondern auch für Probleme mit dem unteren Rücken, dem Becken, der Hüfte oder den Schultern.

Ganz klassisch: Der Einsatz im Training auf der Matte

Die Halbrolle konkret im Training auf der Matte zu nutzen, ist meist der erste Schritt. Es gibt sie zwar in verschiedenen Größen, aber die Größe, die ich nutze, entspricht ungefähr einer durchschnittlichen Schulterbreite. Daher eignet sie sich gut dafür, sie bei Übungen zwischen den Händen zu halten oder als Abstandsmesser zu fungieren.

Sowohl bei der Seitbeuge (links) als auch beim hinter dem Rücken halten im Ausfallschritt (rechts) gibt die Halbrolle Führung für die Arme und deren Haltung. Dabei wird die Halbrolle nicht mit den Fingern, sondern nur zwischen den Handflächen gehalten.

Beim Unterarm heben im Vierfüßlerstand (links) gibt die Halbrolle Orientierung, damit man sich nicht zu sehr aus seiner Achse heraus bewegt. Einen Ausfallschritt mit einer Rotationsbewegung zu kombinieren, trainiert die Oberkörperbeweglichkeit bei gleichzeitiger Core-Aktivierung (mittig). Halte ich dabei die Halbrolle zwischen meinen Handflächen, gibt mir diese Rückmeldung darüber, wie ich meine Arme in der Rotation bewege und was mit meinen Schultern passiert. Auch im Sumo Squat (rechts) kann die Halbrolle variabel ihren Einsatz finden.

Ein weiterer Klassiker ist es, die Halbrolle einfach als Erhöhung für verschiedene Körperteile zu nutzen. Die Wadendehnung mit einem Bein (links) oder mit beiden Beinen gleichzeitig (rechts), lässt sich dabei auch gut in den Alltag integrieren.

Auf der Halbrolle ist wegen des notwendigen Gleichgewichts diese Übung schon eher für Fortgeschrittene: der sogenannte Pelvic List, welcher die Muskulatur an der Seite des Beckens kräftigt. Das entlastet den Beckenboden.

Vielseitige Anwendung von Kopf bis Fuß

Die Füße bilden die Basis Deines Körpers, ihr Zustand beeinflusst den Beckenboden ebenso wie andere Körperbereiche. Deswegen sind Übungen zur Mobilisierung und Stabilisierung der Füße auch Teil eines nachhaltigen Beckenbodentrainings.

Die Dehnung der Zehen bekommt man sicher auch anders gut hin. Aber wenn die Halbrolle schon so herumliegt, steige ich eher mal darauf, um erst meinen großen Zeh (links) und dann die kleinen Zehen (rechts) zu dehnen.

Auch um das Gleichgewicht und den Knöchel zu trainieren, kannst Du die Halbrolle hervorragend benutzen. Sowohl mit der runden Seite nach oben, als auch mit der runden Seite nach unten (links).

Wem das noch zu wackelig ist, der kann auch erstmal quer auf der Halbrolle und mit beiden Füßen zugleich spielen (unten).

Die tiefe Hocke ist etwas, was unser Beckenboden besonders liebt. In Kulturen, in denen die tiefe Hocke noch viel im Alltag stattfindet, scheinen Beckenbodenbeschwerden nicht so verbreitet zu sein, wie in westlichen Kulturen, in denen viel auf Stühlen und Sesseln gesessen wird.

Kinder können noch gut in die tiefe Hocke gehen, aber wir tendieren dazu dies mit der Zeit zu verlernen, weil wir es eben nicht nutzen. Wenn Du etwas lange nicht nutzt, ist es nicht verwunderlich, wenn Du Schwierigkeiten mit der Ausführung hast. Mithilfe der Halbrolle kannst Du wieder darauf hintrainieren, in die tiefe Hocke zu kommen. Unter den Fersen überbrückt, was uns an Knöchel- und Hüftbeweglichkeit fehlt.

Im Beckenbodentraining gibt es viele Übungen, bei denen Du auf dem Rücken liegst und Deine Körpermitte aktivieren willst. Das funktioniert am besten, wenn Dein Oberkörper gut über dem Becken gestapelt ist und die Rippen nicht nach vorne, bzw. im Liegen nach oben hervorgucken.

Hast Du dieses Muster des hervor bzw. nach oben ragenden Brustkorbs, ermöglicht die Halbrolle unter Deinem Kopf, dass Du Deine Rippen zum Boden hin besser entspannen kannst. Daraus ergibt sich eine bessere Position für den Einsatz Deiner Bauchmuskulatur bei der Core-Aktivierung.

Auch zur Verbesserung der Schulterblattbeweglichkeit (links) und für Übungen, bei denen die Hüfte erhöht ist (rechs), wie zum Beispiel beim Psoas-Release oder bei Kräftigung des Hüftbeugers, ist die Halbrolle bei mir regelmäßig im Einsatz.

Meine Favoriten: Einsatz der Halbrolle im Büro und im Auto

Wo sitzen wir generell am meisten? Bei der Arbeit. Oder aber im Auto auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder der Reise in den Urlaub. Auch ich sitze leider viel zu viel in meinem Alltag und deswegen nutze ich die Halbrolle ganz besonders gerne im Büro. Zum einen versuche ich natürlich die Zeit im Sitzen generell zu verringern, zum anderen gestalte ich es für meinen Körper abwechslungsreicher, wenn ich doch sitze.

Wann immer ich den Stehschreibtisch nutze, liegt mir die Halbrolle zu Füßen. Je nachdem, welche Arbeit ich verrichte, kann ich gut verschiedene Übungen durchführen. Beim konzentrierten Tippen ist es eher die Wadendehnung (links), wenn ich in einem Zoomcall bin, nutze ich die Zeit gerne zum Balancieren (rechts) oder fürs Pelvic Listing (siehe GIF weiter oben).

Manchmal arbeite ich auch in der tiefen Hocke. Da diese Position mir mit meinem Körper (noch) nicht (wieder) zugänglich ist, setze ich auch hier die Halbrolle ein. Mithilfe der Unterstützung unter den Fersen kann ich meinen Rücken lang lassen, verhindere also den Rundrücken. Gleichzeitig habe ich so kein Gleichgewichtsproblem und kann mein Gewicht vom Vorderfuß in die Fersen verlagern.

Arbeite ich tatsächlich im Sitzen, schiebe ich mir häufig die Halbrolle unter den Hintern, und zwar mit der runden Seite nach unten. So kann mein Becken dynamisch nach vorne und hinten wackeln und meine Coremuskulatur hat auch zu tun, um mich zu stabilisieren.

Manchmal habe ich auch Lust, im Sitzen mit den Füßen auf der Halbrolle zu spielen. Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt. Hauptsache, ich sitze nicht zu lange still in einer Position. Denn die richtige oder gar perfekte Arbeitshaltung gibt es gar nicht: Die nächste Position ist immer die beste! Abwechslung ist Deine Freundin.

Autositze sind ungünstig für den Beckenboden

Autositze sind so geformt, dass wir tendenziell auf unserem Steißbein sitzen und das Becken stark eingerollt wird. Das wirkt sich auf den Bauchraumdruck aus, was wiederum zu Verschlechterung von Beckenboden- und Core-Symptomen führen kann.

Je nach Bauart des Sitzes und Deinen Körperproportionen rundet sich auch Dein oberer Rücken mehr oder weniger stark. Ich habe z.B. verhältnismäßig kurze Arme. Dadurch rollen sich auch meine Schultern stark ein.

Auch hier kannst Du die Halbrolle nutzen, indem Du Dich auf sie draufsetzt (runde Seite nach unten, wie auf dem Schreibtischstuhl).

Dadurch richtet sich das Becken schon ein gutes Stück auf, der Bauchraumdruck verringert sich. Auch der untere Rücken wird weniger gerundet.

Möglicherweise fühlt sich das am Anfang etwas unsicher und wackelig an, was zu Verkrampfung im oberen Rücken führen kann.

Deswegen nutze ich auch gerne noch eine weitere Rolle. Die stecke ich mir dann in den Rücken. Zum einen hilft die noch bei der weiteren Aufrichtung im Rücken. Zum anderen muss ich mich nicht ohne Stütze aufrecht halten, sitze also entspannter.

Wie herum ich die Halbrolle im Rücken habe, wechsel ich nach Laune und Tagesgefühl, manchmal ist es angenehmer mit der runden Seite am Rücken, manchmal andersherum.

Immer mal wieder zwischendurch: die Halbrolle im Schlafzimmer, Badezimmer, Wohnzimmer, der Küche oder dem Garten

Es gibt im Alltag eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten für die Halbrolle. Im Haus habe ich dauerhaft zwei im Büro und eine im Bad im Einsatz. Sobald ich eine längere Strecke im Auto vor mir habe, was zum Glück nur selten passiert, wandern zwei Exemplare ins Auto. Aber auch ansonsten ist meine “Bad-Halbrolle” gerne mal eine Wanderrolle, je nachdem, wonach mir gerade ist.

Es gibt Phasen, da fokussiere ich mich sehr darauf, sie möglichst häufig und vielseitig bei allen Alltagstätigkeiten zu nutzen. Und dann wiederum ist sie wochenlang nur im Büro und während des Zähneputzens zu Wadendehnung im Einsatz. Im Grunde kannst Du die Halbrolle im Alltag immer dann gut nutzen, wenn Du sitzt, stehst oder hockst. So bekommst Du mehr Vielfalt in Deine Haltung oder Bewegungen oder ermöglichst Dir Positionen, die Dir sonst nicht zugänglich wären.

Finde die für Dich passenden Einsatzmöglichkeiten für die Halbrolle

Du kannst beispielsweise beim Wäsche zusammenlegen an einem niedrigen (Wohnzimmer-)Tisch, vor der Waschmaschine oder bei der Gartenarbeit in die tiefe Hocke gehen. Beim Zähneputzen, Bügeln oder Kochen kannst Du Deine Waden dehnen. Balancieren würde ich nicht gerade bei diesen Tätigkeiten empfehlen, aber vielleicht führst Du Dein nächstes Telefonat so. Oder Du nutzt das nächste kreative Brainstorming dafür. Das unterstützt auch Deinem Gehirn beim Denken, denn es liebt diese Art von physischem Input.

Statt abends unbeweglich auf der Couch vorm Fernseher zu sitzen, könntest Du auf der Halbrolle sitzen, auf ihr hocken oder mit ihr ein paar Entspannungsübungen machen. Morgens nach dem Aufstehen kommst Du mit einigen Bewegungsabfolgen beweglicher in den Tag, das Seitbeugen, der Ausfallschritt mit Rotation oder der Schulterdehnung hinterm Rücken eigenen sich dafür ebenso gut, wie Dein Becken auf die Halbrolle abzulegen und eine unterstütze Beckenschaukel zu durchzuführen. Lass deiner Fantasie freien Lauf und probiere aus, was sich gut in Deinem Körper anfühlt

Du hast (noch) keine Halbrolle? Macht nichts: Es gibt Alternativen.

Vielleicht bist Du neugierig geworden und möchtest die eine oder andere Übung ausprobieren, hast aber (noch) keine Halbrolle zur Hand? Kein Problem, natürlich kann man mit allerlei haushaltsüblichen Gegenständen substituieren.

Bei den meisten Übungen, bei denen Du auf der Halbrolle sitzt, darauf stehst oder liegst, tut es schon ein etwas fester aufgerolltes Handtuch. Das hat auch den Vorteil, dass Du die Größe passend zu Deinen Bedürfnissen variieren kannst.

Bei den Übungen, bei denen die Halbrolle für die Hände den ungefähren Abstand der Schultern beibehalten soll, ist es leider etwas schwieriger. Ihre Länge entspricht ungefähr der Höhe einer Din A4 Seite. Ein entsprechend hohes Buch kannst Du schon nutzen, oder auch ein Magazin. Aber das eine ist deutlich schwerer, das andere eher labberig und beides musst Du mit den Fingern festhalten. Der Effekt, der durch das Halten der Halbrolle zwischen den Handflächen entsteht, lässt sich so nicht erzeugen.

Wo bekomme ich eine Halbrolle her?

Wenn Du so eine Halbrolle, wie meine finden möchtest, wirst Du beim großen A mithilfe der Begriffe halbkreisförmige Faszienrolle, Yoga- oder Pilates-Rolle fündig. Das kann man als Quelle kritisch sehen, das tue ich auch, aber bislang konnte ich noch keine adäquate Alternative finden. Es gibt zwar mittlerweile auch Exemplare aus Kork, die für einige der Übungen durchaus gut funktionieren, aber leider eben bei weitem nicht für alle. Die Kork-Halbrollen sind sehr hart und schwer, sowie empfindlicher gegen bspw. Feuchtigkeit.

Da dies schlussendlich auch eine Frage der individuellen Bedürfnisse, Präferenzen und Ansprüche ist, möchte ich hier keinen Link auf eine explizite Bezugsquelle geben. Wenn Du eine konkrete Frage dazu oder zu den erwähnten Übungen hast, kannst Du mir aber gerne eine E-Mail schicken.

Hast Du Beschwerden mit Deinem Beckenboden oder Deiner Körpermitte und fragst Dich, ob Du etwas dagegen tun kannst? Dann lass uns doch mal reden, um herauszufinden, ob ich Dir vielleicht helfen kann. Buche einfach einen Termin für ein unverbindliches Kennenlerngespräch und wir finden gemeinsam heraus, was der richtige nächste Schritt für Dich ist.

4 Kommentare

  1. So cool, wie du die Videos in deinen Blogartikel einbaust! So werden die Übungen viel anschaulicher. Ich habe mal wieder eine Menge gelernt durch deinen Blogartikel. Besten Dank dafür! Macht richtig Spaß zu lesen.

    Antworten
    • Wunderbar, Kerstin! Das freut mich sehr.
      Und die Videos sind dieses Mal tatsächlich “nur” GIFs, das hab ich auch erst kürzlich gelernt, dass ich die ja hier auch nutzen kann.

      Antworten
  2. Liebe Aimée,
    danke für diesen sehr anschaulichen Artikel! Jetzt will ich auch so eine Rolle haben 😂
    Auf jeden Fall hast du mir hier ein paar gute Inspirationen gegeben, die Position beim Arbeiten immer mal wieder zu wechseln.
    Ich freue mich über weitere spannende Artikel von dir!
    Liebe Grüße Danielle

    Antworten
    • Liebe Danielle,
      klasse, wie cool, dass ich Dir die Übungen schmackhaft machen konnte. Zum Einstieg braucht es tatsächlich keine Halbrolle, ein aufgerolltes Handtuch kann schon viel ersetzen. Aber ich kann Dich verstehen. Ich lieb meine ja mittlerweile auch heiß und innig und nehm sie sogar mit auf Reisen.
      Liebe Grüße
      Aimée

      Antworten

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